Notruf 112

Lilienthal: 04298 - 929 0
feuerwehr(at)lilienthal.de
Notruf: 112

Die Lilienthaler Feuerwehr im 2. Weltkrieg

Ebenso wie viele andere Freiwillige Feuerwehren mußte auch die Lilienthaler Feuerwehr den 2. Weltkrieg mit all seinen Folgen und Facetten durchleben.

Da uns relativ viele Akten, Dokumente und Berichte aus dieser Zeit erhalten geblieben sind, kann man sich so einigermaßen ein Bild machen, mit welchen Sorgen und Problemen wohl so ziemlich alle Feuerwehren damals zu kämpfen hatten. Mitglieder wurden z.B. zur Armee eingezogen und die Schlagkraft dadurch geschwächt. In der Ausbildung wurden Dinge wie Knoten und Stiche zunehmend durch kriegseinflussbedingte Themen wie "Luftschutzmäßiges Verhalten" und "Der Feuersturm" ersetzt.
Es gab mit zunehmender Kriegsdauer immer strengere Reglements und Verordnungen, teilweise aus der verblendeten Ideologie der Nazis heraus. So wurden z.B. vom Reichsminister SS, dem die Feuerwehren unterstanden, immer strengere Vorschriften erlassen, Einsatzstellen nicht zu verlassen und dieses immer schärfer unter Strafe gestellt. Zum Schluß drohte sogar die Todesstrafe.
Durch den Rohmaterialmangel der deutschen Kriegsindustrie wurden den Feuerwehren auferlegt, alle nicht absolut notwendigen Gerätschaften abzugeben da diese aus wertvollen Metallen bestanden, die für die Rüstung wichtig waren.

Und schließlich war der Bombenkrieg. Auch Lilienthal wurde aufgrund seiner Nähe zu Bremen nicht verschont. Eigene und fremde Häuser brannten nach Bombenangriffen, so manche Einsatzstelle überstieg vom Ausmaß her alles heute Übliche und mit zunehmender Kriegsdauer wurde auch das Einsatzgebiet immer größer. Am Ende sollte die Lilienthaler Feuerwehr von Bremen über Wesermünde bis nach Hamburg im Einsatz gewesen sein.

Einige Einsatzberichte aus dieser Zeit schildern stellvertretend für alle anderen die damalige Zeit und Atmosphäre. Wie professionell auch damals gearbeitet wurde zeigt die Skizze, die dem ersten Einsatz beiliegt.

Sämtliche Recht- und Namensschreibung wurde 1:1 übernommen!


09. November 1942 - Angriff auf Lilienthal

Bericht zum Luftangriff der engl. Flieger am Montag, d. 9.11.42 in Moorhausen – Falkenberg

Um 20.45 h wurden unzählige Brandbomben, Stab- und Phosphorkanister untermischt mit Sprengbomben von feindl. Fliegern auf unsere Ortsteile Moorhausen und Falkenberg abgeworfen. Es brannte sofort an verschiedenen Stellen.
Nicht zu halten waren die Gebäude von Roschen, Rohdenburg und in Falkenberg das Viebrocksche Haus. Zum Teil ist auch das Wohnhaus des Schumachers Mattern wo Oberwohnung und ein Stück des Dachstuhles ausgebrannt ist. Die Lilienthaler Wehr war bei Roschen und Mattern, die Falkenberger bei  Rohdenburg und die zur Hilfe herbeigeeilte Heidberger Wehr bei Viebrook eingesetzt.
Alle Wehren gaben aus je 3 Leitungen Wasser.
Um 3 h morgens konnte die Heidberger Wehr, da keine Gefahr des weiteren Umsichgreifens des Feuers bestand wieder einrücken, Lilienthal und Falkenberg übernahmen das weitere Ablöschen und die Brandwache. Um 16 h konnten beide Wehren einrücken. Erwähnt sei, daß die Löschangriffe im feindl. Bombenwurf und schwerem Flakfeuer vorgenommen wurden. Durch das tatkräftige Eingreifen von Nachbarn und Feuerwehrmännern wurden Brandbomben in den Gebäuden von Varrelmann, Spreine, Meyerdirks, Pallmeier und Lormann gelöscht und dadurch weiterer Schaden verhütet.
Übersichtsplan über Schadenfälle und Bombeneinschläge liegt bei.

Friedrich Varrelmann
Obertruppführer

Anmerkung:

Die H.J. Feuerwehrgruppe Lilienthal war ebenfalls eingesetzt und waren am Retten und Löschen beteiligt. Erwähnt sei besonders das tapfere Verhalten der H.J. Feuerwehrwehrjunge Georg Senkstake aus Falkenberg der einer der ersten beim Brande Viebrook war und Vieh und Inventar rettete, sich dabei am Bein verletzte und Hände leicht verbrannte.

Varrelmann
Führer d. H.J. Gruppe

 

Ein weiterer Bericht zu diesem Einsatz:

Am Montag, den 9. November wurde ich durch Telefon benachrichtigt, das in Lilienthal-Moorhausen 2 Gebäude durch Feindeinwirkung in Brand geraten seien. Ich alarmierte die Löschgruppe Lilienthal und fand bei Eintreffen am Brandort Wohnhaus und Scheune des G. Roschen, Wohnhaus und Scheune des H. Rohdenburg (alles weichgedeckt) und das Wohnhaus des H. Viebrock in Lil.-Falkenberg hell brennend vor, das hartgedeckte Einfamilienhaus des Schuhmachers Mattern qualmte im Dachgeschoss. Ich setzte die Löschgruppe Lilienthal  bei Matern und Roschen an, inzwischen ließ ich die Löschgruppe Falkenberg alarmieren, die bei Eintreffen das Gehöft Rohdenburg ablöschte. Die um 21.40 Uhr eintreffende Wehr Heidberg löschte das Wohnhaus Viebrock ab. Erfolg unserer Arbeit war, das Haus Mattern zu halten und die Brandstellen nach 3-4-stündiger Arbeit schwarz zu machen. Heidberg baute gegen 24 Uhr ab und wurde entlassen. Unsere beiden Löschgruppen setzten die Ablöscharbeiten bis zum anderen Mittag fort. Nach Beseitigung von Phosphorspritzern rückten wir gegen 16 Uhr ab. Erwähnt sei noch, dass die erste Löscharbeit unter schwerstem Flakfeuer gemacht wurde. Ein auf der Straße krepierender Blingänger  verletzte einen Feuerwehrmann leicht im Gesicht. In die Gebäude von Varrelmann, Meierdierks, Pallmeier und Bormann eingeschlagene Stabbrandbomben wurden unter Mithilfe umwohnender Feuerwehrmänner gelöscht.Die HJ-Feuerwehrgruppe Lilienthal war hauptsächlich bei Viebrock eingesetzt und hat sich sehr gut bewährt.


28.-31.07.1943 - Angriff auf Hamburg

(Anmerkung: Vom 25.07. bis zum 03.08.1943 griffen alliierte Bomber im Rahmen der Operation "Gomorrha" Hamburg wiederholt schwer an. Dabei entstand in der Nacht vom 27. auf den 28.07. der bekannt gewordene Feuersturm.
Mehr zum Hintergrund und zum Verlauf bei Wikipedia: → Operation "Gomorrha".)

Am 28.7.43 um  ??  Uhr wurde die Bereitschaftsgruppe Lilienthal durch den Führer der Wehr, W. Brauer, zum Einsatz nach Hamburg alarmiert.
Um 5.15 Uhr rückte die Gruppe mit dem s. Gerät zum Sammelplatz Ritterhude ab. Von Ritterhude rückte die Bereitschaft Osterholz mit 6 Gruppen und einem Schlauchwagen der Schlauchpflegerei Osterholz unter Führung des Bereitschaftsführer Körber  um 6.50 Uhr auf die Autobahn nach Hamburg ab.
Kurz vor Hamburg wurde Fliegeralarm gegeben und die Stadt wurde eingenebelt. In diesem Nebel fuhr der Schlauchwagen Osterholz auf ein anderes Fahrzeug auf, hierbei wurde der Kühler eingedrückt so daß das Fahrzeug von unserem Gerät in Schlepp genommen werden mußte. Um 14.45 erhielt die Bereitschaft den Einsatzbefehl den Heeressanitätspark in Wandsbeck zu löschen und die Löschwasserbehälter zu füllen. Um 23 Uhr hatten wir den Auftrag erledigt und der Befehl zum „Abmarsch fertig“ wurde gegeben. Kaum waren die Fahrzeuge fahrbereit wurde Fliegeralarm gegeben. Mannschaft der Bereitschaft begab sich in Keller. Kurz nach der Entwarnung brach das Feuer erneut in einem Raum des Heeressanitätspark aus und griff mit rasender Schnelligkeit um sich. Sofort wurde das Feuer von der Bereitschaft mit 7 B und 3 C-Rohren angegriffen und um 6.10 Uhr war das Feuer bis auf kleine Nester abgelöscht. Um 6.30 Uhr wurde die Bereitschaft durch eine Berliner Wehr abgelöst und rückte um 7.10 Uhr ab. Unser Gerät schleppte den Schlauchwagen nach Osterholz-Scharmbeck zurück. Nachdem die Geräte instandgesetzt waren konnte die Gruppe am 29.7. um 5.30 Uhr entlassen werden.

G. Mann


Am 30. 7.43 wurde die Bereitschaftsgruppe Lilienthal und die Gruppe Falkenberg erneut zum Einsatz nach Hamburg alarmiert. Die Wehr rückte um 6.15 Uhr von Falkenberg über Ottersberg nach Hamburg ab und wurde um 13 Uhr nach der Veddelerbrückenstraße 140 eingesetzt. Zimmerbrand und Aufräumen bis 16.05 Uhr.
Von 16.15 Uhr bis 19 Uhr nach Schomannstr. 21 und Silldeich 37 ablöschen und aufräumen.
Um 10.30 Uhr wurde die Wehr von Hamburg entlassen und rückte am 31.7. 1.30 Uhr im Standort ein.

G. Mann


Brandbericht vom 18.08.1944 - Angriff auf Bremen

(Anmerkung: In der Nacht vom 18. auf den 19.08.1944 erlebte Bremen den bis dahin schwersten Luftangriff des Krieges.
Nähere Details dazu siehe auf → www.Spurensuche-Bremen.de.)

Beim Eintreffen der Wehr brannte der Dachstuhl des Hotels Schaper-Siedenburg, Bahnhofstr. Das Feuer hatte sich bereits bis zum 4. Stock durchgefressen. Infolge sehr starker Rauchentwicklung konnte der Brandherd sehr schwer festgestellt werden.
Die Löschgruppe griff mit Unterstützung von Schwanewede von innen an. Es wurden 1 B-Rohr und 2 C-Rohre im Treppenhaus hoch gelegt. Unsere Kameraden mussten zeitweise die Gasmaske gebrauchen um sich in dem stark verqualmten Zimmergewirr, Abstellräumen usw. behaupten zu können. Nur durch Einschlagen mehrerer Decken konnte man an die vielen Einzelbrandstellen herankommen.
Nach 5-stündiger Arbeit konnte der Brand als gelöscht gemeldet werden. Außerdem wurden Nachbar- und Gegenüberhäuser abgelöscht. Bei dem zweiten Einsatz im Holzhafen brauchte die Löschgruppe nicht mehr in Tätigkeit zu treten.
Der Fahrer Stahlhut hat durch seine Kaltblütigkeit Mannschaft + Fahrzeug aus einer sehr brenzlichen Lage herausgeführt und danach noch ein stecken gebliebenes Löschfahrzeug aus einer brennenden Strasse abgeschleppt.

den 01.09.1944 gemeldet, E. W. Brauer, Wehrführer

Zusatz-Bericht zum 18.08.1944

Auf dem Anmarsch zur Sammelstelle Schleifmühle konnte das vor uns fahrende Fahrzeug infolge Rauch und Funkenflug nicht den Anschluß halten. Dabei geriet es in eine Strasse (Rönnebeckstrasse?) deren beide Häuserreihen in vollen Flammen standen und in einer Biegung durch Trümmer vollständig versperrt war. Wir saßen also regelrecht in einer Mausefalle. Der Funkenflug war schlimm, die Hitze entsetzlich. Wie sollten wir mit unserem schweren Löschgerät in dieser engen, von Trümmern verschütteten Strasse wenden!
In dieser Lage bewahrte aber unser Fahrer E. Stahlhut eine Ruhe und eine Kaltblütigkeit, so dass es ihm unter Aufbietung seiner ganzen Fahrkunst durch geschicktes Manövrieren gelang, die Mannschaft und das Fahrzeug aus Lebensgefahr zu retten. Gleich danach schleppte er noch ein in dem Flammenmeer steckengebliebenes Fahrzeug heraus.

Wellbrock